Matthias Jung (Düsseldorf):
Zur Verwissenschaftlichung des öffentlichen Sprachgebrauchs am Beispiel der Umweltdebatte

Freitag, 11.30 Uhr

Bei der Verwissenschaftlichung/ Verfachsprachlichung des gemeinsprachlichen Wortschatzes lassen sich zwei prinzipielle Wege unterscheiden:

a) eine eher praxisorientierte Verfachlichung "von unten" als Folge unmittelbarer lebensweltlicher Relevanz. Sie resultiert aus dem direkten Kontakt mit absoluten oder relativen Experten (z.B. Ärzten, Anwälten, Computerfreak, Automechaniker, Arbeitskolleginnen, Freunden und Verwandten mit Fachkenntnissen) oder aus individuellen Weiterbildungsbemühungen (z.B. Lesen von Fachbüchern und Fachzeitschriften)

b) eine eher theorieorientierte Verfachlichung "von oben" durch die öffentliche Diskussion in den Medien, die Themen setzen und Fachwissen in enger Verbindung mit Fachterminologie eher beiläufig vermitteln, ohne daß eine unmittelbare lebensweltliche Alltagsrelevanz gegeben ist.

Beispiele für a) wären etwa PC-Kenntnisse (Umgang mit Textverarbeitung, elementare Betriebssystemkenntnisse), Beispiele für b) sind z.B. die Klimadiskussion, Kenntnisse über Gentechnik, Raumfahrt oder Kernphysik. Für beide Fälle ist die bruchstückhafte, unsystematische Form der Vermittlung typisch, deren Verlauf und Erfolg stark von individuellen und zeitgeschichtlichen Zufälligkeiten abhängt. Der Vortrag konzentriert sich auf den zweiten Fall und versucht am Beispiel der Umweltdiskussion die Verfachlichung des öffentlichen Sprachgebrauchs als sozialhistorischen Prozeß des Kontaktes zwischen Fachsprachen/ Fachwissen und Gemeinsprachen/ Laienwissen deutlich zu machen, bei dem immer wieder "Terminologiespiralen" in Gang kommen. In korpusbasierten Beleganalysen (im wesentlichen Pressetexte) wird dabei eine Art "öffentliche Laiensemantik" zugänglich. Über Terminologisches hinaus ist die Verfachlichung mit Veränderungen in textstrukturellen Mustern sowie einer Neubewertung des Verhältnisses von Experten und Laien verknüpft.

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