Susanne Günthner (Konstanz):
Zwischen direkter und indirekter Rede: Formen der Redewiedergabe in Alltagsgesprächen

Mittwoch, 14.00-15.00

In der Literatur zur Redewiedergabe wird in der Regel zwischen der oratio recta (direkter Rede) und oratio obliqua (indirekter Rede) unterschieden. In der indirekten Rede könne der Sprecher seine eigene Perspektive in die zitierte Äußerung einfließen lassen, da er nicht vorgebe, die tatsächlichen Worte der zitierten Person zu äußern. In der direkten Rede dagegen gebe es keine Interferenzen zwischen der zitierten Äußerung und der Perspektive des Sprechers, denn hier reproduziere der Sprecher nicht nur Inhalt sondern auch Form der Originaläußerung. Ferner wird meist die Auffassung vertreten, daß lediglich die direkte Redewiedergabe in der Lage sei, die emotiv-expressiven Elemente der Originaläußerung zu reproduzieren; bei der indirekten Rede, könnten - wenn überhaupt - expressive Phänomene lediglich über explizite Thematisierungen (z.B. in der einleitenden Phrase, im verbum dicendi) zum Ausdruck gebracht werden. Auf der Grundlage von Analysen zur Redewiedergabe in Alltagserzählungen werde ich verdeutlichen, daß in der Alltagskommunikation zahlreiche Hybridformen der Redewiedergabe auftreten und die syntaktischen Konstruktionen direkter bzw. indirekter Rede weniger als Dichotomie denn als Kontinuum zu betrachten sind. Im Einzelnen wird gezeigt, daß

  1. Sprecher/innen (bzw. Erzähler/innen) auch in der direkten Redewiedergabe ihre Perspektive hinsichtlich der zitierten Äußerung zum Ausdruck bringen,
    wobei der Prosodie und Stimmqualität tragende Rollen zukommen;
  2. auch in die indirekte Redewiedergabe emotiv-expressive Elemente aus der Figurenwelt einfließen können;
  3. die Verwendungsweisen und der Wechsel von Redewiedergabeformen in Alltagserzählungen kontextspezifische Funktionen innehaben können.

e-mail: pop0047@uni-konstanz.de

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