Henning Wode (Kiel):
Zur Ontogenese mentaler Repräsentationen lexikalischer Einheiten bei Monolingualen und Bilingualen

Mittwoch, 15.00 Uhr

Die Frage nach der Struktur der mentalen Repräsentationen sprachlicher Elemente stellt sich für Einsprachigkeit wie Mehrsprachigkeit, für Lerner wie ausgereiftere Sprecher gleichermaßen. Dabei gibt es keinen Grund zur Annahme, daß sich die Repräsentationen verschiedener Sprecher einer Sprache völlig decken, noch daß die Entwicklung dieser Repräsentationen von irgendeinem Zeitpunkt an völlig abgeschlossen ist. Welche Fähigkeiten sind erforderlich? Sind sie sprachspezifisch? Gelernt? Angeboten? Berichten werde ich vor allem über die Entwicklung der phonologischen Komponente lexikalischer Einheiten.

Den Ausgangspunkt bildet die kategorielle Lautwahrnehmung und die Fähigkeit, Ketten lautlicher Kategorien mental abzubilden. Beides läßt sich schon bei Säuglingen von ein bis zwei Monaten nachweisen. Diese Fähigkeiten sind angeboten, aber nicht sprachspezifisch. Die Ausrichtung auf die Zielsprache setzt bereits mit vier Monaten ein, und zwar für die phonologische Komponente. Gegen Ende der 2. Hälfte des ersten Lebensjahres erfolgt die Verbindung von Lautketten mit Konzepten als Voraussetzung dafür, daß lexikalische Einheiten gebildet werden können. Das zielsprachige Phonemsystem und die Segmentstruktur der phonologischen Komponente der lexikalischen Einheiten sind dabei das Ergebnis eines über mehrere Jahre hin andauernden, sich selbst organisierenden Phonemisierungsprozesses. Dabei sind im Gegensatz zu voll ausgereiften Sprechern die Repräsentationen der Kinder anfänglich lexikalisch basiert. Daß anfangs die phonologische Kodierweise bei Kindern lexikalisch und nicht segmentbasiert ist, verhindert, daß es bei L1-Bilingualismus zu phonologischem Transfer wie im L2-Erwerb kommt. Das wird erst möglich, wenn die Sprecher über Segmente als Kodiereinheiten verfügen, in der Regel im Alter zwischen zwei bis drei Jahren.

Insgesamt sollte derzeit davor gewarnt werden, eine grundlegend andere Art der Repräsentation von Mehrsprachigkeit vs. Einsprachigkeit anzunehmen.

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