Eva-Maria Krech (Halle):
Entwicklung und neuster Stand der halleschen Orthoepieforschung

Donnerstag, 9.00 Uhr

Die hallesche Sprechwissenschaft begann mit einer systematischen Orthoepieforschung in den 50er Jahren als abzusehen war, daß die erste Nachkriegsauflage des "Siebs" (1957) weiterhin auf der alten Bühnenaussprache, nicht jedoch auf neuen Untersuchungen des aktuellen Sprechgebrauchs beruhen würde und somit kaum den neuen Kommunikationsanforderungen genügen konnte.

Der halleschen Orthoepieforschung ging es darum, ein wirklichkeitsnahes Aussprachewörterbuch zu schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, waren umfangreiche Analysen des Sprechgebrauchs (in ausgewählten Situationen) erforderlich, in denen jeweils konkrete Lautrealisationen (im Durchschnitt mit rd. 10.000 Beispielen belegt) einschließlich ihres satzphonetischen Kontextes untersucht wurden. Diese Deskriptionen des Sprechgebrauchs stellten die Grundlage für die Aussprachekodifikation dar; sie wurde mit dem "Wörterbuch der deutschen Aussprache" vorgelegt, das von 1964 - 1974 in 4 Auflagen und 1982 in neuer Erstauflage als "Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache" erschienen ist.

Seit 1990 arbeiten Wissenschaftler des Instituts für Phonetik der Universität Köln und des Instituts für Sprechwissenschaft und Phonetik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gemeinsam an einer Neukodifikation der deutschen Standardaussprache. Grundlage bilden wiederum neue phonetische Analysen des gegenwärtigen Sprechgebrauchs. Dieser ist jedoch im Rahmen soziophonetischer Befragungen zuvor von ca. 1600 Probanden bestätigt worden, so daß er sich als 'akzeptiert' bzw. 'erwartet' bewerten läßt.

Im Beitrag werden Verlauf, Ergebnisse und Probleme der halleschen Orthoepieforschung unter besonderer Berücksichtigung des gegenwärtigen Forschungsstandes dargestellt und mit ausgewählten Beispielen belegt.

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