Birgit Gerlach (Düsseldorf):
Obligatorisches clitic doubling in verbotenen Klitiksequenzen

Donnerstag, 11.30 Uhr

Clitic doubling (d.h. Klitikon und koreferente Phrase stehen im selben Satz) stellt den Übergang von pronominaler Realisierung von Argumenten zu echter Kongruenzmorphologie dar. Im rumänischen Beispiel unter (1) ist dieser Übergang bereits abgeschlossen, hier werden die Objektklitika zusätzlich zu den Objektnominalphrasen obligatorisch realisiert.

(1) obligatorisches clitic doubling für beide Objekte

a. Vi-l prezint vouà pe Alessio.
cl2pl.dat-cl.3sg.akk vorstell.1sg pron.2pl.dat akk Alessio
Ich stelle Alessio euch vor.

b. *Îl prezint vouà pe Alessio.

c. *Vi prezint vouà pe Alessio.

Bei gleichbleibenden Bedingungen für obligatorisches doubling beider Objekte treten aber systematisch Lücken auf: Obwohl bei der Vertauschung von indirektem und direktem Objekt die Bedingungen für clitic doubling in (2) genauso wie in (1) gegeben sind, können hier nicht beide Objekte gleichzeitig klitisch realisiert werden.

(2)

a. *I và prezint lui Alessio pe voi.
cl3sg.akk-cl.2pl.dat vorstell.1sg dat A. akk pron.2pl

b. *Và -i prezint lui Alessio pe voi.
cl2pl.dat-cl.3sg.akk vorstell.1sg dat A. akk pron.2pl

Diese Lücken lassen sich durch morphologische Beschränkungen für Klitiksequenzen erklären. Es wird gezeigt, daß Klitiksequenzen in romanischen Sprachen morphosyntaktische Einheiten sind, die eigene Paradigmen bilden. Sie gehorchen strikten Abfolgebedingungen und Kombinationsbeschränkungen: Dativklitika stehen immer vor Akkusativklitika (vgl. 1a), Klitika der 1. und 2. Person können nicht miteinander kombiniert werden (vgl. 1b) und stehen in Kombination mit einer 3. Person in der Klitiksequenz immer vorne (vgl. 1c). Von dieser Standardabfolge können Einzelsprachen abweichen.

(3) Abfolgebedingungen und Kombinationsbeschränkungen für Klitiksequenzen

a. dat > akk

b. *1/2 1/2

c. 1/2 > 3

Es wird dafür argumentiert, daß die Abfolgebedingungen und die Kombinationsbeschränkungen am besten durch allgemeine verletzbare Wohlgeformtheitsbedingungen erfaßt werden können, die im Sinne der Optimalitätstheorie (vgl. McCarthy & Prince, 1993, 1995; Prince & Smolensky, 1993) miteinander konkurrieren, und daß die Rangordnung dieser Wohlgeformtheitsbedingungen sprachspezifisch variiert. Aus dieser Variation und der Konkurrenz mit einzelsprachlich hoch angeordneten phonologischen Wohlgeformtheitsbedingungen ergeben sich einzelsprachliche Abweichungen von der Standardabfolge und die in Bonet (1995) beschriebenen 'opaquen' Klitika. Weil die Wohlgeformtheitsbedingungen für Klitiksequenzparadigmen höher angeordnet sind als die Forderung nach obligatorischem clitic doubling, kann in Sätzen wie (2) nur eines der beiden Objekte klitisch realisiert werden. Dabei ist aber die Wahl des Klitikons nicht völlig frei und auch nicht allein aus den doubling Bedingungen ableitbar, sondern aus der Interaktion mit weiteren semantischen und syntaktischen Wohlgeformtheitsbedingungen, die abschließend vorgestellt werden sollen.

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